PostBOT
Im Oktober 2017 fragte ich mich in einem Tweet schon, wie der PostBOT eigentlich die Beine des Zustellers erkennt:
Noch mal Zustellroboter: Nach #TouchID und #FaceID nun #LegID? Wie erkennt #Roboter Beine des Zustellers? https://t.co/yeQGEBrpN0 #Robotics
— Martin Holle (@Martin_Holle) 6. Oktober 2017
Aufgrund eines Artikels 1 in der ZEIT und anderer Quellen bin ich nun schlauer. Lapidar heißt es noch dazu im Artikel “Er ist so programmiert, dass er sich mittels eingebauter Sensorik auf die Füße des Boten konzentriert. Bewegen die sich, rollt der Roboter. Bleiben sie stehen, bremst er. Weil er immer auf die Füße starrt, ahnt der Helfer, wohin Herrchen will.” – Mal abgesehen davon, dass wahrscheinlich nicht nur männliche Postboten den PostBOT benutzen werden, wird daraus nicht klar, woran der Roboter erkennt, dass er den richtigen Beinen folgt? In meiner Phantasie kommt er in unübersichtlichen Situationen auf der Straße auch schon einmal durcheinander und folgt dann den falschen Beinen – das hätte durchaus komisches Potential: wie ein Hund, der sich vertut und eine Zeitlang dem falschen Menschen folgt, bis er den Irrtum einsieht. Was macht dann der PostBOT? “…wenn er doch mal nicht sicher ist, wo er hinsoll, wartet er wie ein braver Hund, bis sein Herrchen kommt.”
Der PostBOT basiert auf dem EffiBOT, den die Post laut dieser Pressemitteilung 2 schon in einem Lager zur Unterstützung der Picker getestet hat. Aus dem dort ebenfalls abrufbaren Video erfährt man auch mehr über seine Fahigkeiten: Er kann, zumindest in Gebäuden, selbsttätig navigieren und besitzt einen 360-Grad-Laserscanner, der offensichtlich sowohl für die Kollisionserkennung als auch für das Erkennen der Beine beim Folgen verwendet wird. Weitere Details kann man einem Werbevideo 3 des französischen Herstellers Effidence entnehmen. EffiBOT und der PostBOT können einem Menschen sowohl folgen als auch vorangehen. Wem die Beine gehören, dem dem Roboter folgt, wird mit der vorhandenen Sensorausstattung demnach nicht ermittelt. Wer immer vor dem Roboter steht, wenn die “Follow me”-Taste an einer der beiden Frontseiten des Bots gedrückt wird, dessen Beine folgt er dann bzw. geht ihnen voran. Die autonomen Fähigkeiten des Franzosen sind bei dieser mageren Sensorausstattung aber trotzdem ziemlich beieindruckend.
Im ZEIT-Artikel werden weitere interessante Aspekte angesprochen:
- Der PostBOT dient dazu, Menschen in ihrer Arbeit zu unterstützen, er hilft die “körperliche Belastung zu verringern.” (Das ist ein Versprechen der Robotertechnik)
- Die Roboter benötigen Pflege und Wartung: “Ein Roboter ist ein komplexes System”. Da kann es durchaus auch zu Schäden an der Elektronik u.ä. kommen. Dafür muss eine Service-Infratstruktur aufgebaut werden. Ein bei voller Beladung bis zu 320 kg schwerer PostBOT muss bei einer Panne erst einmal zum Servicepunkt transportiert werden.
- Es gilt Sicherheitsaspekte zu beachten, um z.B. den unbefugten Zugriff auf die Ladung zu verhindern.
Der Artikel in der ZEIT zieht insgesamt ein positives Fazit: “Wir glauben, dass die Koexistenz von Roboter und Mensch sehr zukunftsweisend ist”, sagt der Bereichsleiter für Innovationen bei der Post dazu.
Ich interessiere mich für diese Entwicklung, weil mir, im Gegensatz zu vielen anderen Vorschlägen und Entwicklungen, der Use Case, so einfach wie er sich darstellt, einleuchtet. Gerade wegen seiner Einfachheit glaube ich, dass sich an diesem Fall viele praxisrelevante Aspekte und noch zu lösende Probleme demonstrieren lassen.
Interessant wird auch sein, ob sich der Einsatz des PostBOTs bei Berücksichtigung der Total Cost of Ownership ökonomisch lohnt. Die in einem Kostenvergleich zu berücksichtigenden Alternativen sind schnell aufgezählt:
- Mehr Manpower bzw. menschliche Workforce ohne weitere technische Hilfsmittel
- Technische Transportmittel ohne eigenen Antrieb
- Technische Transportmittel mit eigenem Antrieb, aber ohne autonome Navigation; im ZEIT-Artikel werden diesen einfachen Elektrokarren die Nachteile zugeschrieben, dass der Zusteller dann nicht mehr die Hände frei hat und in Kurven Kraft für die Lenkung braucht.
Wenn die Gesamtlösung schließlich überzeugt – noch ist es nur ein Pilotprojekt – würde sie wirklich einen Fortschritt bei der Auslieferung von Post darstellen; nicht einmal die Gewerkschaften sorgen sich laut ZEIT um Arbeitsplatzverluste durch den PostBOT.
Im Gegenteil, für den Einsatz des Roboters spricht anscheinend sogar die Demografie: die Zusteller werden immer älter.
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Roodsari, A. V. (2017, 20. Dezember). Bot und Bote. DIE ZEIT, S. 38. ↩
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Deutsche Post DHL Group. (2017, 6. Juni). Mensch und Maschine: bei DHL ziemlich beste Freunde. Abgerufen 7. Januar, 2018, von www.dpdhl.com/de/presse/pressemitteilungen/2016/mensch_und_maschine_bei_dhl_ziemlich_beste_freunde.html ↩
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Effidence. (2016, 16. März). EffBOT : Autonomous Handling Robot [Video]. Abgerufen 7. Januar, 2018, von youtu.be/s5tiH1j9Zzc ↩