Neutrale Daten

“Wissenschaftler und Personaler versprechen sich viel von den sogenannten Job-Bots, Recruiting-Bots oder Career-Bots. Der Bot soll besser können, was dem Menschen nicht immer gelingt: den perfekten Bewerber für eine Stelle zu finden.” – So schreibt Lisa Kreuzmann in einem Artikel 1 der ZEIT. Mir geht es weniger um diese Bots, obwohl Bots als aktuelles Hype-Thema schon interessant sind, als um die Begründung, warum diese Bots die Auswahl eines Bewerbers besser als Menschen können und zwar “ohne Vorurteile und Antipathien – Algorithmus schlägt Menschenkenntnis” (es wird jedenfalls behauptet, dass sie prinzipiell dazu in der Lage seien, auch wenn sie dieses Versprechen in der Praxis aktuell noch nicht vollumfänglich einlösen können).

“Bots treffen ihre Einstellungsentscheidung anhand neutraler Daten. Dadurch wählen sie viel diskriminierungsfreier als ein Mensch”, so wird der Wirtschaftsinformatiker Tim Weitzel von der Uni Bamberg als “wissenschaftlicher Leiter der jährlichen Recruiting-Studie des Jobportal Monster” von Kreuzmann im Artikel zitiert. Im weiteren Verlauf des Artikels wird dann u.a. darauf abgehoben, dass wenn mehr Daten über einen Bewerber gesammelt werden und dem Algorithmus zur Verfügung stehen, dieser dann besser Muster “in unserem Verhalten und unseren Vorlieben” identifizieren könne, auf der Basis dessen z.B. die Passung zwischen dem Bewerber und dem zukünftigen Team ermittelt werden kann.

In Bezug auf Algorithmen “ohne Vorurteile” empfehle ich das Bit KI mit Schwächen.

Und ich stolpere hier zum wiederholten Male über die unkritische Auffassung, dass die Daten, die dem Algorithmus als Input dienen, “neutrale Daten” sind. Und der daraus folgenden Schlussfolgerung, dass dann auch die Ergebnisse des Algorithmus neutraler sein müssen als die durch verschiedene Verzerrungen und Vorurteile getrübte Einschätzung eines Menschen. Letzteres wissen wir, ersteres wäre meiner Meinung nach erst einmal zu belegen.


  1. Kreuzmann, L. (2018, 18. Januar). Vorstellungsgespräch bei einem Bot. DIE ZEIT, S. 65.