Schnelles und langsames Denken /4: Priming

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Teil 4 meiner Notizen zu Daniel Kahnemans Buch „Schnelles Denken, Langsames Denken“ 1 behandelt den Begriff des Primings.


Priming-Effekt = Bahnungseffekt: Durch eine Vorstellung werden andere Vorstellungen temporär „gebahnt“, d.h. die gebahnten Vorstellungen können mit größerer Leichtigkeit aus dem Gedächtnis abgerufen werden; sie können überdies noch weiteren Vorstellungen den Weg bahnen, wenn auch in geringerem Umfang.

Beispiel:
Hat man gerade an „Essen“ gedacht, dann erkennt man das Wort „Suppe“ und andere Wörter/Konzepte/Vorstellungen rund ums Essen leichter.

Beim Priming handelt es sich um einen ideomotorischen Effekt: Handlungen lassen sich durch Vorstellungen primen. Umgekehrt lassen sich Vorstellungen durch Handlungen primen.

Priming kann auch Einstellungen und Haltungen beeinflussen (S. 72):

  • Priming mit dem Thema „Geld“ macht Menschen unabhängiger, egoistischer und erzeugt eine höhere Präferenz für das Alleinsein. Die Idee des Geldes stärkt offensichtlich den Individualismus.
  • Priming mit dem Thema „Sterblichkeit“ macht Menschen anfälliger für autoritäre Ideen
  • Ein allgegenwärtiger Führerkult hemmt spontanes Handeln und eigenständiges Denken

Eine Reihe von Studien haben Erkenntnisse von Freud über die Rolle von Symbolen und Metaphern bei unbewussten Assoziationen bestätigt (S. 73):

  • Wurden Versuchspersonen aufgefordert, an eine Handlung zu denken, für die sie sich schämten, vervollständigten sie anschließend das englische Wortfragment w— h eher mit wash als mit wish
  • Der Gedanke daran, Arbeitskollegen in den Rücken zu fallen, veranlasst Menschen eher dazu, Seife, Desinfektionsmittel oder Spülmittel zu kaufen
  • Wurden Studienteilnehmer aufgefordert, jemanden am Telefon zu belügen, zogen sie anschließend Mundwasser Seife vor, sollten sie jemanden per Email belügen, entwickelten sie hingegen eine Präferenz für Seife

Psychische Beschmutzung erzeugt offenbar den Drang, sich physisch zu reinigen und zwar insbesondere die Körperteile, die daran beteiligt waren.

Priming-Phänomene geschehen in System 1 (also unbewusst) und man hat keinen bewussten Zugang dazu. Die Auswirkungen von Priming sind durchgängig nachweisbar, jedoch nicht unbedingt groß, man ist ihnen also nicht völlig ausgeliefert.

Suggestion und Priming gehören eng zusammen: „Suggestion ist ein Priming-Effekt, der selektiv kompatible Informationen ins Gedächtnis ruft.“ (S.150-151)


  1. Kahneman, D., & Schmidt, T. (2012). Schnelles Denken, langsames Denken. München: Siedler Verlag.