Schnelles und langsames Denken /7: Statistische Aspekte

Teil 7 meiner Notizen zu Daniel Kahnemans Buch “Schnelles Denken, Langsames Denken” 1 behandelt statistische Aspekte und Effekte.


Stichprobengröße

Um hinreichend sichere Aussagen über statistische Tatsachen machen zu können, muss die Stichprobengröße ausreichend groß sein. Ihre erforderliche Größe lässt sich für ein gefordertes Fehlerrisiko zwar berechnen, intuitiv schätzen sie aber auch erfahrene Forscher oft zu klein ein.

Zuverlässigkeit von Informationen

Für eine auf statistischen Daten basierende Information ist – wie für andere Informationen auch – neben der eigentlichen Sachinformation die Informationsquelle und ihre Zuverlässigkeit entscheidend2. System 1 konzentriert sich jedoch ausschließlich auf die Sachinformation und blendet die Zuverlässigkeit der Information bzw. der Quelle, aus der die Information stammt, aus. Das ist sicher ein Grund, warum nachweislich falsche Nachrichten oder Informationen nur sehr schwer wieder aus der Welt zu schaffen sind: Wenn sie genügend verbreitet sind, dann werden sie gerade bei Menschen, die dazu tendieren nur ihr System 1 zu nutzen, immer wieder auf fruchtbaren Boden fallen.

Das Gesetz der kleinen Zahlen

Das „Gesetz der kleinen Zahlen“3 ist die Kehrseite des „Gesetzes der großen Zahlen“4:

  • Bei einer großen Stichprobe aus von einander unabhängigen Ereignissen sind die Ergebnisse um so vertrauenswürdiger, je größer die Stichprobe ist.
  • Kleine Stichproben enthalten tendenziell öfter extreme Ergebnisse als große Stichproben. Diese Extreme werden dann möglicherweise kausal fehlinterpretiert, d.h. es wird eine kausaler Zusammenhang vermutet, der aber verschwinden würde, wäre nur die Stichprobe groß genug.

Musterillusion

Zufällige Folgen müssen nicht zufällig aussehen – und tun dies oft auch nicht.

Beispiel:
Die Folge der in einem Krankenhaus nacheinander geborenen Säuglinge ist zufällig, weil keine Geburt von den anderen abhängig ist; so ist auch das Geschlecht der jeweiligen Neugeborenen, also, ob es sich um einen Jungen oder ein Mädchen handelt, zufällig:

  1. Folge: J J J M M M
  2. Folge: M M M M M M
  3. Folge: J M J J M J

Auch wenn die dritte Folge im obigen Beispiel „zufälliger“ aussieht, sind die anderen beiden genauso wahrscheinlich: „Dem ungeübten Auge erscheint eine zufällige Anordnung als Regelmäßigkeit oder Tendenz zur Clusterbildung.“ (Zitat William Feller, nach Kahneman, S. 142)

Die Intuition, unser System 1, irrt sich oft, indem ein Zufallsereignis als ein systematisches Ereignis fehlinterpretiert wird, weil System 1 darauf aus ist, in alle Ereignismustern eine Kausalität hinein zu interpretieren. Dies resultiert in der „Musterillusion“.

Weitere Beispiele bei Kahneman: „Häufigkeit von Krebs“ auf Seite 134 und „Gates-Stiftung“ über kleine Schulen auf Seite 144.


  1. Kahneman, D., & Schmidt, T. (2012). Schnelles Denken, langsames Denken. München: Siedler Verlag. 

  2. Würde man mit Karl Popper argumentieren, dann wären auch die Informationsquelle und ihre Zuverlässigkeit nicht ausreichend, sondern man würde auch noch die Frage stellen: „Gibt es einen Weg, Irrtümer zu entdecken und auszuschalten?“ (S.59, Popper, K. R. (1995). Auf der Suche nach einer besseren Welt. München: Piper.) 

  3. Weiterführende Informationen zum Gesetz der kleinen Zahlen bei Wikipedia 

  4. Weiterführende Informationen zum Gesetz der großen Zahlen bei Wikipedia